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Maikäfer, flieg!

…auch wenn es schon Juni ist: durch den Geisterbusch und über die Heide, und gerne noch weiter.

Waldmaikäfer, Weibchen, Geisterbusch / Wahner Heide, Juni 2019

Waldmaikäfer, Weibchen, Geisterbusch / Wahner Heide, Juni 2019

© Justus Siebert
Wie der Name schon sagt, ist der Maikäfer vornehmlich im Mai zu beobachten; in unserer Gegend, v.a. Wahner Heide, ist es der Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani), es gibt in unseren Breiten auch noch den Feldmaikäfer, aber nicht hier. Die Zeiten von Max und Moritz und Onkel Fritz, als man diese Käfer in Massen von den Bäumen schütteln konnte, sind allerdings längst vorbei. Heute kann man froh sein, den einen oder anderen durch die Baumwipfel brummen zu sehen / hören. Der DDT-Vernichtungsfeldzug der 50er Jahre galt auch der „Maikäfer-Plage“, er galt Baumschädling, der als erwachsenes Tier die Laubbäume kahl frisst, und, schlimmer noch, als Larve (Engerling) die Baumwurzeln anfrisst. Bei der Forstwirtschaft macht er sich damit natürlich nicht beliebt, innerhalb des natürlichen Kreislaufes ist das aber völlig in Ordnung, wenn in einem Maikäferjahr (im Schnitt alle vier Jahre) mal der eine oder andere Baum aufgrund des Befalls abstirbt.

Die schlimmen Zeiten der 50er: DDT-Einsatz

Aber auch in der Nach-DDT-Zeit hat der chemische Druck auf die Natur und insbesondere die Insektenwelt nicht nachgelassen, wie wir inzwischen regelmäßig über die althergebrachten Medien, aber auch SocialMedia erfahren. Die Stichworte sind hier Glyphosat und Neonikotide, in ihrer Langzeitwirkung vielleicht noch schlimmer als DDT. Es hilft auch wenig, wenn solche Chemiekeulen in einem Naturschutzgebiet wie der Wahner Heide nicht versprüht werden dürfen, wenn drumherum alles totgespritzt wird, ohne einen weiträumigen Austausch wird auch eine giftfreie Insel allmählich verkümmern.

Umwelt als populäres Thema: auch gut für den Maikäfer

Maikäfer, Männchen, in Eiche, Wahner Heide, Juni 2019

Maikäfer, Männchen, in Eiche, Wahner Heide, Juni 2019

© Justus Siebert
Wie auch immer, die Ursachen für das derzeitige Insektensterben sind vielfältig, einige Gründe liegen auf der Hand (Monokultur, Gifteinsatz), auch wenn einige Studien sich weigern, das als „bewiesen“ zu bezeichnen, andere müssen noch genauer untersucht werden (Lichtsmog, Klimawandel). Dennoch gibt es Hoffnung, Umwelt und Natur sind seit kurzem Themen die bewegen und Wahlen mitentscheiden. Angefangen hat es vielleicht mit dem Hambacher Forst, wo sich ziviler Widerstand regte gegen den rückwärtsgewandten Braunkohle-Deal zwischen Energie-Konzern RWE und NRW-Landesregierung und der auf juristischem Wege gestoppt wurde, über das erfolgreiche Volksbegehren für Bienen und Artenschutz in Bayern!, die Fridays-for-Future, und die Umwelt-Akzente bei der Europa-Wahl im Mai 2019.

Womit wir allmählich wieder bei dem eigentlichen Titelhelden, dem Maikäfer, angekommen wären, von dem wir (also ich) zugegeben etwas abgedriftet sind. Aber auch und gerade für ihn sind die oft zitierten großen Zusammenhänge von Bedeutung, und deshalb kriegsentscheidend („Dein Vater ist im Krieg“), ob seine menschlichen Nachbarn, der näheren und weiteren Umgebung, sich mit genügend Ausdauer für die derzeit sehr populären Bienen einsetzen, was ihm auch zugute käme. Immerhin hat der Maikäfer auch einige eigene Sympathie-Werte, ist sozusagen mitteleuropäisch-deutsches Kulturgut (Wilhelm Busch / Maikäfer-Lied / Reinhard Mey, …), wenn auch eher nostalgischer Natur, und man kennt / kannte ihn nicht nur als Schädling sondern auch als Nutztier, die Maikäfer-Suppe ist allerdings etwas in Vergessenheit geraten (obwohl von wegen Proteine bestimmt gesund, ist auch Trend), bei Chefkoch.de bin ich allerdings auf der Suche nach „Maikäfer“ bei „Maike“ gelandet.

Maikäfer, Borkenkäfer, Plage

Damit hat der Maikäfer immer noch höhere Sympathiewerte als sein Verwandter, der Borkenkäfer, mit dem man / Mensch gar nichts Positives anzufangen können scheint. Würden man den Specht fragen, z.B. den Schwarzspecht, der würde das ganz anders sehen: Käfer-Larven als Futter im Überfluss! Als Fichtenspezialist kann der Borkenkäfer aber nun mal nicht anders, als sich dort wohlig durchzufressen, wo man ihm Fichten-Plantagen hingepflanzt hat, wo sie nicht beheimatet sind (im Tiefland, z.B. auf der Heideterrasse), und bei klimatischen Herausforderungen wie dem Dürresommer 2018 ein leichtes Angriffsziel bieten. Forstwirtschaftlich logisch, dass man dort nun in diesem Jahr (2019) zu retten sucht, was zu retten ist, und alles fällt und abtransportiert was befallen ist oder werden könnte, auch, um dem Borkenkäfer die Existenzgrundlage zu entziehen. Aus ökologischer Sicht ist ja gar nichts gegen einen Kahlschlag in die Fichten-Monokulturen einzuwenden, so entstehen zumindest kurzfristig Offenlandflächen, von denen wir viel zu wenige haben, bis sie mit welchen Baumkulturen auch immer wieder zugepflanzt werden. Nur das Timing ist befremdlich, im Wonne- und Brutmonat Mai, wie man in etlichen Teilgebieten der Heideterrasse, Königsforst, Schluchter Heide / Gierather Wald feststellen konnte. Auch wenn das mittelfristig gut ist, Offenfläche statt Fichten-Plantage, die eine oder andere Vogelbrut oder Eichhörnchen-Siebenschläfer-Familie dürfte auf der Strecke geblieben sein, bei allem Bemühen, das zu verhindern. Vorgegeben wird sowas von oberer Stelle, aber da niemand weiß, wer da was mit welcher Kompetenz und Zielrichtung entscheidet, ist ein Misstrauen nach wie vor angesagt, da darf man auch mal nachfragen!

Maikäfer: Comeback?

Wieder mal abgedriftet, der Maikäfer! Dem geht es inzwischen gar nicht mehr ganz so schlecht, in Süddeutschland gibt es inzwischen teils wieder größere Vorkommen, sodass auch gleich wieder von „Plage“ gesprochen wird, und in Hessen diese auch bekämpft wird. Eine bedenkliche Entwicklung, welche hoffentlich durch die jüngere Entwicklung in der politischen Landschaft aufgerollt wird. An dieser Stelle vielleicht, bevor das ganz vergessen wird, eine gebrochene Lanze für einen weiteren deutschen Ureinwohner, lange verfolgt und fast ausgerottet, inzwischen zurück gekehrt, aber nicht wirklich willkommen geheißen, wegen seiner zunehmenden Zahl als Bedrohung empfunden, seine Inanspruchnahme heimischer Kulturpflanzen (Mais, Kartoffeln) und die Besitzergreifung / Aufmischung von Grundeigentum, v.a. Vorgärten, wird als Unverschämtheit aufgefasst. Die Rede ist vom Wildschwein, das zu allem Überfluss neben Gartenbesitzern, Landwirten, Jägern nun auch noch die Lobby der Schweine-Mastbetriebe gegen sich hat, Stichwort Afrikanische Schweinepest, welche sich von Polen / Osteuropa auch zu uns auszudehnen droht. Aber zum Punkt, das ganze Thema Schweinepest und Sinnhaftigkeit von Schweine-Mastbetrieben zu vermeidend: Wildschweine fressen alles was ihnen beim Durchwühlen des Waldbodens vor die Schnauze gerät, und mit eben dieser erriechen sie sehr gut Leckerbissen wie Maikäfer-Engerlinge (das waren die, die die  Baumwurzeln anfressen). Es gibt noch viele weitere ökologische Pluspunkte für das Wildschwein, v.a. durch das Aufwühlen des Waldbodens, aber das ist endlich auch mal ein wirtschaftlicher Pluspunkt! Vielleicht kommt man sich ja auf diesem schmalen Grat etwas näher, von wegen Kampfsau statt Giftspritze.

Der Maikäfer jedenfalls hat nach wie vor andere Probleme als das Wildschwein, wir wünschen ihm jedenfalls eine baldige Rückkehr und heißen ihn willkommen, auch in großer Anzahl, und in diesem Sinne:

Maikäfer, flieg!

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