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Ehrenamtlicher Naturschutz-Einsatz an der ehemaligen Panzerwaschanlage

Wie jedes Jahr war auch in diesem Herbst wieder ein Einsatz fällig, um das Zuwachsen dieses speziellen Biotopes zu verhindern.

Vorher: Rohrkolben auf fast der ganzen Fläche, Tendenz: weitere Ausbreitung

Vorher: Rohrkolben auf fast der ganzen Fläche, Tendenz: weitere Ausbreitung

© Justus Siebert
Die ehemalige Panzerwaschanlage (PWA): Letztes sichtbares Relikt vom ehemaligen Camp Altenrath, direkt gegenüber des Parkplatzes, auf der anderen Seite der Alten Kölner Straße, Wahner Heide. Offensichtlich kein natürliches, sondern ein menschengemachtes betoniertes Biotop. Als Biotop ist es allerdings nicht angelegt worden, hat sich aber zu einem solchen entwickelt, nachdem die militärische Nutzung durch den Abzug der belgischen Streitkräfte vor 20 Jahren aufgegeben wurde. Die Kaserne, das Camp Altenrath, wurde inzwischen vollständig zurückgebaut und in eine Heidefläche zurück verwandelt, als Koppel. Weil schon damals die ersten Heidebewohner die PWA für sich reklamiert hatten, ist sie aus Nuturschutzgründen von diesem Rückbau ausgenommen worden. Seitdem hat sie sich als spezieller Lebensraum für Frösche, Molche, Libellen, Ringelnattern und viele weitere Tier- und Pflanzenarten etabliert. Und gerade in den letzten Dürrejahren war sie ein letzter sommerlicher Rückzugsort für Wasser- bzw. Feuchtigkeits-abhängige Tiere.

Menschlich unterstützte Artenvielfalt und natürliche Prozesse

Also, ein besonderer Ort, mit einer auch für Laien sichtbaren Artenvielfalt, Refugium für teils bedrohte Arten, der aber diese Besonderheit verlieren würde, würde man ihn sich selbst überlassen. Konkret bedeutet das derzeit: der Rohrkolben, welcher vor einigen Jahren auf welchem Weg auch immer hier angekommen ist, droht seitdem die Wasserfläche vollständig zuzuwachsen. Der Effekt wäre eine komplette Beschattung der Wasser-, aber auch der Ufer-Bereiche, und ohne besonnte Bereiche wäre Teichfröschen, Molchlarven, Libellen und vielen Weiteren die Existenzgrundlage entzogen. Obwohl es sich beim Rohrkolben um eine einheimische Art handelt, würde die heimische Artenvielfalt verloren gehen, würde man in den natürlichen Prozess nicht eingreifen. Wobei von einem natürlichen Prozess in einer menschengemachten Landschaft (Heide) ohnehin nicht die Rede sein kann. Und ohnehin fehlen viele natürliche Faktoren wie Wasserbüffel (in der Nähe, aber knapp ausgekoppelt von der PWA), Biber (fast ausgerottet, ist erst dabei zurück zu kehren), Wisent (fast ausgerottet, wird gerade daran gehindert, sich vom Rothaarsteig aus wieder ausbreiten zu dürfen), Wildpferd (ausgerottet, domestizierte Form als Sommergäste nebenan, knapp ausgekoppelt von der PWA), Elch (seit Julius Caesar im Rheinland literarisch nicht mehr erwähnt).

Nach dem Einsatz: der Rohrkolben-Dschungel ist gelichtet

Nach dem Einsatz: der Rohrkolben-Dschungel ist gelichtet

© Justus Siebert
Deshalb müssen wir ran, letzten Samstag 12.10.2024, im Herbst, wenn die Gefahr am geringsten ist, mit dem Rohrkolben und der Wasserpest auch Larven von Wasserkäfern, Molchen und Libellen zu entsorgen. Und die erwachsenen Tiere weder beim Paarungs- und Laichgeschehen im Frühjahr gestört werden, und auch nicht in der Winterruhe. Etwas Stress haben sie schon, aber ohne den geht es halt nicht. Schließlich haben wir beim diesjährigen Einsatz mit drei ManPower-Einheiten (diesmal ohne Gendern) in gut zwei Stunden das Wichtigste geschafft: den mittleren Bereich vom Rohrkolben befreit (an den Rändern darf was stehen bleiben, für die Libellenlarven, die an den Stängeln hochklettern), Wasserpest großflächig entnommen.

Es blieb auch noch etwas Zeit, um die Spätblühende Traubenkirsche am Rande der Anlage zu ringeln.

Traubenkirsche: Warum muss die weg?

Spätblühende Traubenkirsche am Rande der PWA, frisch geringelt

Spätblühende Traubenkirsche am Rande der PWA, frisch geringelt

© Justus Siebert
Weil die Spätblühende Traubenkirsche, aus Nordamerika eingeführt, ein echtes Problem, gerade auch hier in der Region und der Wahner Heide darstellt: Als Neophyt, mit dem heimische Arten, z.B. Käfer, als Nahrungsspender kaum was anfangen können, im Gegensatz zur heimischen Trauben- oder Stiel-Eiche, verdrängt sie solche Arten durch ihre aggressive Ausbreitung. Eine akute Bedrohung also für die heimische Artenvielfalt.

Und warum ringeln und nicht einfach absägen?

Weil sich herausgestellt hat, dass ein Absägen oder Abschneiden nur zu einem intensiven Nachwachsen führt. Durch Ringeln, das Abschälen der Rinde ringsum am Stamm, auf möglichst breiter Fläche, führt eher dazu, dass die Pflanze allmählich abstirbt. Wenn man das über mehrere Jahre macht.

Kunstwerk, oder hat das auch eine Funktion?

Rampe für Kleinsäuger

Rampe für Kleinsäuger

© Justus Siebert
Seit Juni diesen Jahres ist ein hölzernes Gebilde an der Betonwand gegenüber zu sehen. Die/Der eine mag sich gefragt haben: soll das Kunst sein, oder hat das auch eine Funktion? Antwort: letzteres ist der Fall. Es hatte Beobachtungen von Besucher:innen gegeben von ertrunkenen Tieren (Mäuse, Kaninchen,…), die anscheinend keinen Ausgang an der steilen and gefunden hatten. Nach Absprache mit dem Bundesforst haben wir dann diese Rampen-Konstruktion als Übergangslösung angelegt. Seitdem hat es keine weiteren Meldungen über tote Tiere gegeben. Vielleicht hat aber auch geholfen, dass der Rohrkolben-Dschungel an den flachen Ausgängen links und rechts jetzt gelichtet wurde.

Für dieses Jahr lassen wir die PWA erstmal in Ruhe, nächstes Jahr beobachten wir die Entwicklung dann wieder über den Jahresverlauf, aber klar ist jetzt schon: spätestens im Herbst gehen wir wieder ran. Alle Jahre wieder.

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